Votum und Gruß

EG 362, 1-3

Bibl. Eingangswort aus Galater 5

Das Leben in der Freiheit

Paulus warnt die Gemeinde vor dem Rückfall ins Gesetz

aus dem Galaterbrief

5 1 Christus hat uns befreit, damit wir endgültig frei sind.

Bleibt also standhaft und unterwerft euch nicht wieder

dem Joch der Sklaverei!

2 Ich, Paulus, sage euch: Wenn ihr euch beschneiden lasst,

wird Christus euch nichts nützen.

3 Ich sage es noch einmal mit allem Nachdruck jedem, der sich beschneiden lässt: Er ist verpflichtet, das ganze Gesetz einzuhalten.

4 Ihr habt dann mit Christus nichts mehr zu tun. Jeder, der durch das Gesetz vor Gott als gerecht gelten will, hat damit die Gnade verspielt.

5 Wir aber dürfen durch den Geist Gottes hoffen, aufgrund des Glaubens vor Gott als gerecht zu gelten.

6 Denn wenn wir zu Christus Jesus gehören, spielt es keine Rolle, ob jemand beschnitten ist oder nicht.

Es zählt nur der Glaube, der sich in Liebe auswirkt.

Eingangsgebet

HERR, unser Gott! Vater, Sohn und Heiliger Geist!

Wir danken dir für das Werk der Reformation.
Wir danken dir für die wiederentdeckte frohe Botschaft.
Wir danken dir für dein gutes Wort.

Hilf allen Menschen, dass sie dein Wort hören.
Hilf allen Menschen, dass sie auch wirklich auf dein Wort hören.
Dazu schenke allen Menschen deinen Heiligen Geist – so auch uns hier und heute.

DIR sei Ehre in Ewigkeit.
Amen.

aus Galater 3

Oh, ihr verblendeten Galater! Wer hat euch so verhext?
Ist euch denn Jesus Christus nicht eindrücklich genug
als Gekreuzigter vor Augen gestellt worden?
2 Ich möchte nur eines von euch wissen:
Warum habt ihr denn den Heiligen Geist empfangen?
Weil ihr das Gesetz befolgt oder weil ihr die Botschaft des Glaubens gehört habt?
3 Seid ihr wirklich so begriffsstutzig?
Angefangen habt ihr aus der Kraft* des Heiligen Geistes.
Und jetzt wollt ihr aus eigener Kraft* zum Ziel kommen?
4 Habt ihr etwas so Großartiges umsonst erfahren?
– Wenn es denn wirklich umsonst war! –
5 Also: Gott gibt euch den Heiligen Geist
und lässt bei euch Wunder geschehen.
Tut er das,
weil ihr das Gesetz befolgt
oder weil ihr die Botschaft des Glaubens gehört habt?
6
Von Abraham heißt* es:
„Er glaubte Gott,
und das rechnete ihm Gott als Gerechtigkeit an.“
7 Seht es doch ein:
Die wahren Nachkommen Abrahams sind diejenigen,
die glauben.

Predigt zum Reformationstag 2021; Galater 5,1-5+3, 1-7 

Liebe Gemeinde!

Was war damals los? Schauen wir zuallererst tatsächlich auf den Apostel Paulus und seine Geschichte.

Paulus, der zunächst die ersten Christen der Geschichte verfolgte, wurde durch eine besondere Begegnung mit dem himmlischen auferstandenen Jesus Christus zu dessen bedeutendsten Völkerapostel und Missionar.

Paulus hatte den himmlischen Christus in einer Lichterscheinung gesehen war dadurch nicht nur zum Christen, sondern zu einem ganz wichtigen Mitarbeiter Christi geworden.

So zog er auch nach Jerusalem im Jahre 48 nach Christus zu einem Treffen mit vielen, die nun als Missionare für Jesus Christus und seine junge Gemeinde unterwegs waren.

Auf diesem Apostelkonvent sollte über Fragen der Mission gesprochen werden und über das, was man die Menschen vom christlichen Glauben lehren wollte und welche Verhaltensregeln man ihnen mitgeben sollte.

Auf diesem Treffen der Apostel kam es zu einem offenen Konflikt zwischen Paulus und Petrus.

Petrus lebte einen Standpunkt vor, nach dem man nur an den Juden Jesus glauben konnte, wenn man auch jüdisch lebte. Dagegen verwahrte sich der Apostel Paulus.

Denn er hatte von dem himmlischen Jesus Christus etwas anderes empfangen.

Paulus vertrat die Auffassung, dass Menschen, die keine Juden sind, wenn sie zum Glauben an Jesus Christus kommen, dann nicht als Juden leben müssen, um zu Jesus Christus zu gehören.

Sie müssen nicht die Vorschriften des jüdischen Gesetzes einhalten. Sie müssen lediglich Jesus Christus vertrauen und bekennen, dass ER der Retter ist, der Heiland der Welt und auch ihr persönlicher Heiland.

Wie kann ich zu Gott kommen? Wie kann ich vor Gott bestehen und gerettet werden, wenn ich kein Jude bin?

Die Antwort des Petrus wäre: Unterwerfe dich den Regeln des jüdischen Gesetzes und glaube an den Herrn Jesus.

Paulus hingegen sagte: Nein! Unterwerfe dich allein Jesus Christus und vertraue IHM. Vertraue IHM dich und dein Leben an.

Dann wirst du leben. Dann wirst du gerettet für Gottes ewiges Königreich. Du brauchst Jesus. Aber mehr brauchst du nicht. Alles was du tun musst, ist Jesus zu Vertrauen.

Auf das Vertrauen kommt es an, sagt Paulus.

Er führt Abraham als Beispiel ins Feld.

Er sagt: Abraham vertraute Gott – gegen allen Augenschein, als GOTT sagte: Gehe in ein Land das ich dir zeigen will. Dort will ich dich zum Vater eines großen Volkes machen. Und das Land soll deinen Nachkommen gehören.

Abraham hätte allen Grund gehabt zu sagen: „Jo geh fort!“ Doch das tat er nicht. Abraham vertraute Gott.

Und so, sagt Paulus, konnte Abraham vor Gott bestehen. So wurde Abraham von Gott als ein Gerechter angesehen.

In seinem Vertrauen zu Gott bewahrt Abraham die Gemeinschaft, die Gott ihm anbietet.

Hätte Abraham Gott misstraut, hätte er die von Gott angebotene Gemeinschaft zerstört.

Das Neue Testament, weiß uns noch von einer Person zu erzählen, die auch gegen allen Augenschein Gott vertraute. Es ist Maria, als sie Besuch vom Engel Gabriel erhielt und er ihr die Schwangerschaft mit Jesus ankündigte.

Maria wusste, was es heißt, vor zweitausend Jahren in Israel ein uneheliches Kind zu erwarten. Sie wusste, dass sie das das Leben kosten kann.

Trotzdem sagt sie zu dem Egel mit der unmöglichen Botschaft: Ich bin Gottes Dienerin. Er soll an mir tun, was du gesagt hast.

So besteht man vor Gott! sagt Paulus. Du musst vertrauen. Du musst Jesus Christus vertrauen. Dann bist du vor Gott gerettet und gehörst in seine Gemeinschaft. Dann hast du Teil an Gottes ewigem Königreich.

Genau das wird ein gewisser Martin Luther 1500 Jahre später den Menschen wiederum sagen.

Aber schauen wir zuvor noch auf den Konflikt zwischen dem Apostel Paulus und der Christengemeinde von Galatien. Paulus schreibt diesen Menschen einen Brief, um sie auf den rechten Weg zurückzurufen.

Paulus hatte diese Gemeinde selbst gegründet. Umso schmerzhafter für ihn, was er nun von dort hört.

Fremde Missionare waren in diese Gemeinde eingedrungen und lehrten nun genau das, wogegen Paulus kämpfte. Diese Missionare sagten: Wenn ihr zu Jesus gehören wollt, müsst ihr nach den jüdischen Gesetzen leben.

Paulus läuft Sturm dagegen und sagt: Wenn ihr das tut, dann habt ihr Christus gleichsam weggeschmissen. Ihr verlasst euch dann nicht mehr auf Jesus Christus, sondern darauf, wie gut und toll ihr doch seid, gut und toll nämlich im Einhalten der jüdischen religiösen Gesetzesvorschriften. 613 an der Zahl!

Es stimmt, dass der Glaube an Jesus ohne das Judentum nicht vorstellbar ist. Denn das Volk Israel hat uns diesen Jesus seiner irdischen Herkunft nach geschenkt. Das Judentum ist gleichsam die Mutter des christlichen Glaubens.

Aber man kann nicht ein Leben lang an der Hand der Mutter gehen. Man muss dann auch seine eigenen Wege gehen, denn mit Jesus brachte Gott etwas völlig Neues in die Welt, das nun auch völlig neu gelebt werden darf.

Durch das Vertrauen zu Jesus sollen alle Menschen zu Gott kommen. Und da diese anderen – von Gott nun auch erwählten Menschen – keine Juden sind, müssen sie auch nicht jüdisch leben, sondern christlich.

Und das heißt: Vertraue Jesus Christus – ganz und gar und total.

Das lebe dann. Und das ist es dann auch.

Glauben heißt für Christenmenschen: Sie leben in einer lebendigen Vertrauensbeziehung zu Jesus Christus. Das ist es.

Nicht: Ich mache was, um bei Gott etwas zu erreichen, sondern ich lasse von Gott mit mir etwas machen. Ich vertraue darauf, dass Gott in der Gestalt von Jesus Christus bereits alles für mich getan hat.

Wenn Sie so wollen, liebe Gemeinde: Das ist der Unterschied zwischen Religion und christlichem Glauben. Der Mensch der Religion glaubt, er müsse etwas tun, um bei Gott etwas zu erreichen.

Der gläubige Christ vertraut darauf, dass Christus für ihn alles vollbracht hat, dass Jesus für ihn alles getan hat und er deshalb zu seiner Rettung vor Gott nichts beitragen kann und muss.

Genau damit konfrontierte Martin Luther die Menschen vor 500 Jahren, nachdem er die frohe Botschaft von Jesus Christus in der Bibel wiederentdeckt hatte.

Denn der alte Konflikt war in etwas anderer Form wieder aufgetreten.

Die mittelalterliche Theologie hatte die frohe Botschaft von Jesus Christus völlig zugedeckt. Stattdessen stand da die Forderung an die Menschen, sich den Regeln der mittelalterlichen Kirche zu unterwerfen.

Nicht an Jesus Christus musste man sich halten, sondern an die Kirche und ihre Würdenträger.

Das Heil schenkt einem nicht Jesus Christus, sondern man erwirbt sich das Heil, indem man sich an das hält, was die mittelalterliche Kirche vorgibt. Denn sie verwaltet das Heil, das Christus erworben hat. Sie teilt es aus.

Der Mensch ist also wieder völlig auf sich selbst zurückgeworfen und seinem eigenen Scheitern vor Gott ausgeliefert.

Zugespitzt gesagt: Nicht der Weg des Glaubens zählt, sondern der Irrweg der Religion. Nicht der Weg des Vertrauens zu Jesus Christus zählt, sondern der Weg des Machens, was andere sagen, der Weg des Tuns, was andere vorschreiben.

Vor 500 Jahren stand Luther auf dem Wormser Reichstag dem Kaiser und zweifelhaften Kirchenführern gegenüber – durchaus mit dem Tode bedroht.

Widerrufe, was du geschrieben hast, forderte man von Luther. Er sollte zurücknehmen, was er für wahr erkannt, gepredigt und geschrieben hat.

Luther hatte mit sich gerungen. Durch Zittern und Zagen hindurch, war er zu der Erkenntnis gekommen, dass man niemals gegen das eigene Gewissen handeln dürfe. Das sei weder gut noch heilsam und keineswegs ratsam.

Und so trotze Luther der Todesangst. Er widerrief nicht. Er blieb bei der Freiheit derer, die zu Christus gehören.

Woher nahm er dazu die Kraft und den Mut?

Vielleicht war es die Kraft dessen, was Paul Gerhardt 132 Jahre später in Worte fasste:

Ist Gott für mich so trete gleich alles wider mich.
Sooft ich ruf und bete, weicht alles hinter sich.
Hab ich das Haupt zum Freunde und bin geliebt bei Gott,
was kann mir tun der Feinde und Widersacher Rott.
Der Grund, da ich mich gründe, ist Christus und sein Blut.
Das machet, dass ich finde das ewge, wahre Gut.
An mir uns meinem Leben ist nichts auf dieser Erd.
Was Christus mir gegeben, das ist der Liebe wert.

Völlige innere Freiheit trotz äußeren Zwangs – mache Menschen schaffen das. Luther war einer von ihnen.

Die Freiheit, die er in Jesus Christus gefunden hatte, ließ ihm dem Zwang und den Todesdrohung von Kaiser und mittelalterliche Kirche widerstehen.

Vor 80 Jahren etwa haben auch Menschen im Vertrauen zu Jesus Christus und im christlichen Glauben ihre innere Freiheit bewahren können – gegen über Adolf Hitler und dem Nationalsozialismus und den von ihm ausgehenden Anspruch auf das ganze Leben des Menschen.

Sie allerdings zahlten dafür mit ihrem irdischen Leben. Da kam keine kurfürstliche Reitertruppe, um sie durch Entführung in Sicherheit zu bringen wie bei Luther.

Der berühmteste ist vielleicht Dietrich Bonhoeffer. Seine Mitgefangenen im Gestapogefängnis bewunderten seine Freiheit hinter Gefängnismauern.

Auch eine andere ganz erstaunliche Person ist hier zu nennen: In diesem Jahr, liebe Gemeinde, wäre der 100. Geburtstag von Sophie Scholl gewesen.

Im Kreis der „weißen Rose“ verteilte und versandte sie Flugblätter gegen den Krieg der Nazis.

Auch sie kam aus ihrem christlichen Glauben heraus dazu, Widerstand zu leisten. Und sie bewahrte sich

  • in der Welt ihres Vertrauens zu Christus
  • und in der Welt ihrer Gedanken

diese innere Freiheit in ganz erstaunlicher Weise. Sie war erst 21 Jahre alt, als hingerichtet wurde.

Ihr älterer Bruder Hans Scholl, dessen Widerstandsbewegung sich Sophie Scholl anschloss, war ebenso aus dem christlichen Glauben heraus zum geistigen Widerständler geworden.

Sein letztes Wort auf dem Schafott war der Ruf „Freiheit!“

Auch hier stand das eigene Gewissen über der Bedrohung durch die Machthaber.

Wie komme ich zu Gott? Wie kann ich vor IHM bestehen. Martin Luther hat in der Bibel bei Paulus die Antwort gefunden.

Nun diese Frage scheint heute nicht mehr viele Menschen zu bewegen.

Was aber gerade junge Menschen vielleicht doch umtrieben könnte, ist die Frage:

  • Woher weiß ich, dass ich was bin?
  • Woher nehme ich mein Selbstwertgefühl?
  • Gewinne ich mein Selbstwertgefühl aus meinem Smartphone.
  • Macht mich das zu einem coolen Typen?

Was macht meinen Wert aus? Ist mein Wert als Mensch an das gebunden, was ich leiste?

  • Bestimmt am Ende meine Mathe-Note meinen Wert als Mensch.

Ihr werdet die Antwort auf diese Fragen letztlich doch in der frohen Botschaft der Reformation und in der Heiligen Schrift finden. Euer Wert, der Wert eurer Person und eures Lebens besteht darin, dass Ihr es Gott wert wart.

Ihr seid es Gott wert, sein Leben in Jesus für euch am Kreuz dahinzugeben.

Jesus hat sich für euch am Kreuz dahingegeben, weil ihr es IHM wert seid. Und das bezeugt den Wert eurer Person und eures Lebens.

Dietrich Bonhoeffer stellte im Gefängnis in einem ergreifenden Gedicht die Frage: „Wer bin ich?“

Vielleicht stellt ihr die Frage manchmal auch: Wer bin ich?

Die Antwort darauf lautet: Ich bin der, der es Gott wert war, in Jesus sein Leben dranzugeben.

Ich bin die, für die Gott jederzeit wieder sein Leben geben würde.

Das ist die frohe Botschaft – für euch und für die ganze Welt.

Amen.